Konflikte lauern überall – sei es im Beruf, in der Familie oder im Freundeskreis. Doch muss man sich für jeden kleinen Disput gleich eine:n Mediator:in rufen? Oder gibt es Möglichkeiten, Konflikte selbst zu bewältigen, so nach dem Motto „Do it yourself“?
Die Antwort ist: Selbstmediation.
In diesem Blogbeitrag beleuchte ich, was Selbstmediation ist, welche Methoden es gibt und in welchen Situationen sie hilfreich sein kann.
Was ist Selbstmediation?
Selbstmediation bedeutet, dass man einen Konflikt ohne die Hilfe einer neutralen dritten Person löst. Sie ist eine Methode, die auf den Prinzipien der klassischen Mediation basiert, jedoch auf die Eigenverantwortung der Beteiligten setzt. Im Prinzip wird man hier selbst zum:r Mediator:in. Ziel ist es, durch eine strukturierte Reflexion und eine wertschätzende Kommunikation eine Lösung zu finden, die für alle akzeptabel ist.
Selbstmediation ist kein leichtes Unterfangen, denn wer es praktiziert, übernimmt gleichzeitig bewusst die Rolle der Mediator:innen und der Konfliktbeteiligten und wechselt zwischen diesen Perspektiven.
Schritte der Selbstmediation
Hier eine kleine Schritt-für-Schritt-Anleitung:
Problemdefinition:
Der erste Schritt besteht darin, das Problem klar zu identifizieren. Und das ist meistens gar nicht mal so einfach. „XY nervt!“ zählt zum Beispiel nicht als Definition :-). Wichtig ist es, die Konfliktsituation so objektiv wie möglich zu betrachten und die Kernfragen herauszuarbeiten. Fragt euch: „Worum geht es hier?“, „Was ist das Hauptproblem?“ und „Was ist der Kern des Konflikts“.
Einmal Klartext zu lesen, kann schon mal die halbe Lösung sein.
Perspektivenwechsel:
Dieser Schritt ist besonders anspruchsvoll, da man sich in die Lage aller Beteiligten hineinversetzt. Die Standpunkte und Bedürfnisse sollen gehört und vor allem verstanden werden. Am besten stellt man sich hier vor, dass man nun die andere Person im Konflikt ist.
Gefühle und Bedürfnisse herausarbeiten:
Oft sind Emotionen der Motor von Konflikten. Marshall Rosenberg hat einmal gesagt: „Gefühle sind die Kinder der Bedürfnisse.“
Wenn es also gelingt, eigene Gefühle und in weiterer Folge Bedürfnisse zu erkennen und zu benennen, führt dies zu einem besseren Verständnis der Konfliktursachen.
Und hier ist auf alle Fälle Ehrlichkeit angesagt - wenn auch nur mit sich selbst.
Lösungsfindung:
Jetzt darf’s kreativ werden. Es geht darum, Lösungswege zu entwickeln, die allen Bedürfnissen gerecht werden können. Hier gilt: Je bunter die Ideen, desto besser! Es ist wichtig, offen für verschiedene Ansätze zu sein und Möglichkeiten durchzuspielen, ohne direkt zu bewerten.
Entscheidung und Umsetzung:
Nach der Ideensammlung wird entschieden, welche Lösung am besten geeignet ist und wie sie in die Praxis umgesetzt werden kann. Hier kann man sich fragen: „Welche Schritte muss ich konkret unternehmen?“ oder „Wie kann ich die Lösung kommunizieren?“
Wann funktioniert Selbstmediation – und wann eher nicht?
Selbstmediation kann wunderbar sein, wenn:
der Konflikt überschaubar und klar umrissen ist. (Scheidungen oder jahrzehntelange Familienstreitigen also lieber nicht)
alle Beteiligten grundsätzlich offen sind, eine Lösung zu finden.
man sich zutraut, ehrlich mit sich selbst zu sein - oder es zumindest versucht.
Aber Achtung: Wenn’s richtig kracht oder wenn es um große Gefühle und Machtkämpfe geht, kommt Selbstmediation an ihre Grenzen. Mediator:innen bringen dann die nötige Objektivität ins Spiel.
Praktische Tipps für eine erfolgreiche Selbstmediation
Führe ein Konflikttagebuch: Das Schreiben über den Konflikt kann helfen, Emotionen und Gedanken zu sortieren und strukturieren. Und manchmal liest sich das Ganze am nächsten Tag weniger dramatisch.
Nimm dir Zeit für eine Reflexion: Selbstmediation benötigt oft mehrere Anläufe. Plane bewusst Zeit für Pausen ein.
Visualisieren hilft: Skizziere den Konflikt oder zeichne ein Bild. Das hilft, andere Perspektiven zu sehen.
FAZIT
Selbstmediation ist zwar keine Zauberei, kann allerdings dabei helfen, Konflikte auf eine Weise zu lösen, die weniger Stress und mehr Klarheit bringt. Und natürlich wird nicht jeder Konflikt harmonisch verschwinden, aber je öfter man es versucht, desto mehr entwickelt man ein Gespür für die eigenen Bedürfnisse.
Also einfach mal ausprobieren und beobachten, wie sich die eigenen Konfliktlösungskompetenzen Schritt für Schritt verbessern!