Eskalationsstufen nach Friedrich Glasl: Verstehen, um Konflikte zu lösen
- darijatokalic
- vor 7 Tagen
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Nicht jeder Konflikt ist gleich und nicht jeder lässt sich mit denselben Mitteln lösen. Friedrich Glasl, ein renommierter Konfliktforscher, hat ein Modell entwickelt, das die Eskalation von Konflikten in neun Stufen beschreibt. Dieses Modell bietet Mediator:innen, Führungskräften und allen, die mit Konflikten arbeiten, eine wertvolle Orientierungshilfe.
In diesem Blogbeitrag möchte ich euch die 9 Eskalationsstufen vorstellen und aufzeigen, wie sie in der Mediation genutzt werden können.
3 Hauptphasen der Eskalation
Glasls Modell unterteilt Konflikte in 3 Hauptphasen, die jeweils 3 Eskalationsstufen umfassen:
Win-Win-Phase: Die Konfliktparteien sehen noch die Möglichkeit einer gemeinsamen Lösung.
Win-Lose-Phase: Der Konflikt verschärft sich und eine Partei versucht, die andere zu dominieren.
Lose-Lose-Phase: Beide Parteien akzeptieren, dass sie Schaden nehmen werden, und handeln destruktiv.
Phase 1: Win-Win – Konflikte sind lösbar
In der ersten Phase gibt es noch ein Bewusstsein für gemeinsame Interessen und die Möglichkeit, den Konflikt kooperativ zu lösen.
Verhärtung: Der Konflikt beginnt, Meinungsverschiedenheiten führen zu Spannungen. Beide Seiten bleiben in ihrer Position, aber es gibt noch keine feste Blockade. Von vielen Menschen wird die 1. Stufe nicht wahrgenommen.
Debatte und Polemik: Argumente werden schärfer. Es entstehen erste persönliche Angriffe, und das gegenseitige Verständnis nimmt ab.
Taten statt Worte: Die Kommunikation wird reduziert, und Handlungen treten in den Vordergrund. Jede Partei versucht, ihre Position durch demonstrative Aktionen zu untermauern.
Phase 2: Win-Lose – Der Konflikt verschärft sich
In der zweiten Phase verlieren die Parteien zunehmend den Fokus auf eine gemeinsame Lösung. Es geht mehr darum, zu gewinnen.
Koalitionen und Imageverlust: Parteien suchen Unterstützer:innen und versuchen, die Gegenseite gezielt zu diskreditieren.
Gesichtsverlust: Der Konflikt wird persönlich. Ziel ist es, die Gegenseite öffentlich bloßzustellen und zu demütigen.
Drohstrategien: Eskalationen erreichen eine neue Stufe: Es werden Drohungen ausgesprochen, um die andere Partei unter Druck zu setzen.
Phase 3: Lose-Lose – Der Konflikt zerstört beide Seiten
In der dritten Phase geht es nicht mehr um Sieg oder Niederlage. Beide Seiten nehmen Schaden in Kauf, Hauptsache die Gegenseite leidet ebenso.
Begrenzte Vernichtungsschläge: Angriffe werden gezielt, aber nicht mehr strategisch. Die Bereitschaft, Schaden zuzufügen, steigt.
Zersplitterung: Das Ziel ist, die Gegenseite zu zerstören. Der Konflikt wird irrational und destruktiv.
Gemeinsam in den Abgrund: Beide Parteien sehen keinen Ausweg mehr. Sie handeln nur noch aus Zerstörungswut, ohne Rücksicht auf Konsequenzen.
Filmtipp „Der Rosenkrieg“: Hier werden die Eskalationsstufen sehr schön dargestellt.
Wie ich als Mediatorin mit den Eskalationsstufen arbeite
Für mich sind die Eskalationstufen sehr entscheidend. Es ermöglicht mir, die Dynamik eines Konflikts einzuschätzen und daraufhin geeignete Interventionen anzuwenden. Hier einige Ansätze:
Stufen 1–3: Hier sind mediative Interventionen am erfolgsversprechendsten. Gespräche, Perspektivwechsel und die Suche nach gemeinsamen Lösungen stehen im Mittelpunkt. Oft reicht eine Moderation.
Stufen 4–6: Mediation wird anspruchsvoller, da Vertrauen wiederhergestellt werden muss.
Stufen 7–9: In diesen Eskalationsstufen ist Mediation oft nicht mehr möglich. Andere Verfahren sind oft sinnvoller.
Fazit
Friedrich Glasls Eskalationsmodell ist ein unverzichtbares Werkzeug für alle, die Konflikte professionell bearbeiten. Es zeigt, dass Konflikte nicht plötzlich "eskalieren", sondern einer nachvollziehbaren Dynamik folgen. Für mich als Mediatorin bietet es Orientierung und hilft, passende Lösungsansätze zu finden.
Hast du Fragen dazu oder auch wie dieses Wissen in der Mediation eingesetzt werden kann? Dann kannst du mich gerne kontaktieren! 😊