"Es zieht hier!" – Nach dem 4-Ohren-Modell
- darijatokalic
- 6. Aug.
- 2 Min. Lesezeit
Wie aus einer kleinen Bemerkung ein Konflikt werden kann.
Du sitzt gemütlich mit Partner:in beim Frühstück auf dem Hotelbalkon. Die Sonne scheint, der Kaffee schmeckt, dann sagt jemand: „Es zieht hier.“
Zack. Stimmung gekippt.
Aber warum?
Die Antwort liefert das 4-Ohren-Modell von Friedemann Schulz von Thun. Denn jede Aussage hat vier Seiten, und wie sie gehört wird, entscheidet oft über Harmonie oder Diskussion.
Die vier Ebenen des Ohren-Modells am Beispiel „Es zieht hier.“
Sachinhalt: "Ein Luftzug ist spürbar."
Klingt erstmal völlig neutral. Eine Beobachtung, mehr nicht.
Reaktion darauf: „Stimmt, da zieht’s echt.“
Alles gut, wenn die Gesprächspartner:innen auf dieser Ebenen bleiben.
Selbstoffenbarung: "Mir ist kalt / Ich fühle mich unwohl."
Ein Hinweis auf ein eigenes Bedürfnis, ohne es direkt zu äußern.
Mögliche Reaktionen: „Oh du frierst, sollen wir reingehen?“
Oder auch genervt: “Ach, jetzt frierst du auch noch…“.
Hier wird das Bedürfnis indirekt angesprochen, dadurch kann sich das Gegenüber überfordert fühlen. Am besten einfach direkt sagen, was man gerade braucht.
Beziehung: "Du achtest nicht genug auf mich."
"Ich muss dich auf sowas hinweisen, weil du nicht daran denkst."
Und hier wird’s heikel. Wenn das Beziehungsohr besonders sensibel eingestellt ist, kann der Satz als Vorwurf wahrgenommen werden.
Mögliche Reaktion Verteidigung: „Was soll das jetzt heißen?“
oder Ironie: „Sorry, dass ich atme!“
oder Rückzug: „Immer meckerst du!“
Diese Ebene ist besonders sensibel. Wenn du merkst, dass du auf dem „Beziehungsohr“ hörst, atme kurz durch und frag dich, ob es dein Gegenüber anders gemeint haben könnte.
Appell: "Mach bitte das Fenster zu!" oder "Reagiere auf mein Unwohlsein.“
Mögliche Reaktion Kooperation: „Klar, lass uns reingehen.“
oder Widerstand: „Geh halt rein.“
Wenn der Appell nicht ausgesprochen wird, sondern nur implizit mitschwingt, kann das schnell zu Frust führen.
Tipp: Appelle klar, aber freundliche formulieren. Bloß nicht erwarten, dass das Gegenüber Gedanken lesen kann.
Fazit
Die Aussage „Es zieht hier“ kann auf vier verschiedenen Ebenen verstanden werden und je nachdem, auf welchem Ohr dein Gegenüber gerade besonders „hört“, fällt die Reaktion ganz unterschiedlich aus.
Deshalb ist es hilfreich, sich in solchen Momenten kurz zu fragen:
Wie meine ich das eigentlich gerade?
Wie könnte die andere Person das hören?
Und welches Bedürfnis steckt dahinter? Bei mir? Bei der anderen Person?