Wenn Erwartungen zerplatzen – Wie Gründer:innen mit Enttäuschungen umgehen können
- darijatokalic

- 5. Nov.
- 2 Min. Lesezeit
Im letzten Beitrag ging es um unterschiedliche Führungsstile und darum, wie Co-Founders ihre Unterschiede konstruktiv nutzen können. Doch was passiert, wenn trotz aller Bemühungen etwas anderes spürbar wird – Enttäuschung?
Enttäuschung über den anderen.
Über das Team.
Über sich selbst.
Oder darüber, dass die gemeinsame Vision sich anders entwickelt hat, als man es sich erträumt hat.
Enttäuschung – das Ende einer Täuschung
Das Wort „Enttäuschung“ klingt schmerzhaft, ist allerdings im Kern heilsam: Es bedeutet, dass eine Täuschung zu Ende geht. Etwas, das wir geglaubt oder erwartet haben, entspricht nicht mehr der Realität.
In Gründerteams zeigt sich das oft so:
„Ich dachte, wir teilen dieselben Werte.“
„Ich habe geglaubt, du würdest Verantwortung übernehmen.“
„Ich hätte nie gedacht, dass sich unsere Beziehung so verändert.“
Diese Sätze sind nicht Vorwürfe, sondern Ausdruck von innerer Erschütterung. Sie zeigen: Das Bild, das man voneinander hatte, stimmt nicht mehr. Und genau dort beginnt die Chance zur Klärung.
Warum Enttäuschung so schwer auszuhalten ist
In Gründungsteams – besonders, wenn Freundschaften oder starke Ideale im Spiel sind – ist die emotionale Fallhöhe hoch. Man hat gemeinsam gehofft, geplant, investiert. Enttäuschung trifft da nicht nur das Projekt, sondern oft das eigene Selbstbild:
„Habe ich mich geirrt?“ „War ich zu naiv?“ „Bin ich der oder die, die Konflikte nicht halten kann?“
Diese Fragen sind unbequem, aber sie öffnen auch die Tür zur Reflexion. Denn Enttäuschung ist nicht das Ende, sie ist der Moment, in dem Realität und Beziehung neu sortiert werden können.
Wie mit Enttäuschung konstruktiv umgegangen werden kann
Anerkennen, was ist. Enttäuschung ist kein Zeichen von Scheitern, sondern ein Hinweis darauf, dass Erwartungen überprüft werden wollen. Gefühle ernst zu nehmen, ohne sie sofort zu bewerten, ist der erste Schritt zur Klärung.
Zwischen Emotion und Interpretation unterscheiden. „Ich bin enttäuscht“ ist eine Emotion. „Du hast mich enttäuscht“ ist bereits eine Deutung. In der Mediation geht es darum, die eigene Gefühlswelt zu benennen, ohne Schuld zuzuweisen.
Unausgesprochene Erwartungen sichtbar machen. Viele Konflikte entstehen aus Erwartungen, die nie ausgesprochen wurden. Das Gespräch darüber, was man sich erhofft hat und was tatsächlich passiert ist, schafft Verständnis auf beiden Seiten.
Die Beziehungsebene aktiv gestalten. Führung und Zusammenarbeit sind Beziehungssysteme. Sie brauchen Pflege, Reflexion und die Bereitschaft, neu zu definieren, wie Nähe, Verantwortung und Vertrauen aussehen.
Mediation als Raum für Neuorientierung nutzen. In einer Mediation geht es nicht darum, wer recht hat, sondern darum, was verletzt, vermisst oder neu gestaltet werden will. So kann Enttäuschung zum Anfang von Ehrlichkeit werden.
Von der Enttäuschung zur Klarheit
Wenn Gründer:innen lernen, Enttäuschungen nicht als Niederlage, sondern als Wendepunkt zu sehen, verändert sich der Blick:
Enttäuschung wird zum Erkenntnisprozess.
Der Schmerz verliert seine Bedrohung.
Und Beziehungen gewinnen an Tiefe und Authentizität.
In guten Teams bedeutet Konfliktfähigkeit nicht, dass man alles "richtig" macht, sondern dass man den Mut hat, hinzusehen, wenn etwas weh tut.
Fazit
Enttäuschungen gehören zu jeder echten Zusammenarbeit. Sie zeigen, dass Erwartungen lebendig waren und dass Menschen einander wichtig sind.
Wer Enttäuschungen zulässt, lässt auch Entwicklung zu.Denn dort, wo Masken fallen, entsteht Raum für echtes Miteinander.
Mediation kann helfen, diesen Raum zu öffnen. Nicht, um zu versöhnen, sondern um Verstehen zu ermöglichen. Denn Verständnis ist oft der Anfang von neuer Klarheit. Im Unternehmen und in der Beziehung.